ÖPNV und Geburtshilfe sorgten für eine lebhafte Sitzung

Die letzte Sitzung des Kreistages Nürnberger Land vor der Sommerpause 2025 wurde belebt durch intensive Debatten um den ÖPNV und die Geburtshilfe Lauf. Dagegen waren die anderen 3 TOPs (Protokoll, Landschaftsschutzgebiet und KI-gestützte Situngsprotokolle) schnell abgehandelt.
Der ÖPNV im Stadtgebiet Lauf wird reduziert
Bereits im März 2025 hatten CSU und Freie Wähler mit ihrer Mehrheit einen Beschluss zu den Haushaltsberatungen im Kreistag durchgesetzt, der den Ausbau des ÖPNV im Nürnberg Land nicht nur stoppt, sondern in einigen Gebieten auch zurückfahren wird. Ausgehend von ihrem Schlagwort der "Geisterbusse" wurde der ÖPNV als großer Kostentreiber identifiziert und soll dementsprechend gekürzt werden. Dass Fachreferent H. Scharrer in der AG ÖPNV am 23.05.2025 nach den neuesten Fahrgastzahlen gar keine "Geisterbusse" präsentieren konnte, spielt keine Rolle. Auch nicht, dass die von SPD-Fraktion angemahnten Zahlen zur geschätzten Einsparung für den Kreishaushalt nicht vorlagen. In einem Autofahrerland wie Bayern müssen die Busgäste und "autolosen" Bürgerinnen nun die Zeche zahlen, ob sie darauf angewiesen sind oder nicht. Das Buslinienbündel im Stadtgebiet Lauf wird nun als erstes wieder nach dem Grenzwert-Modell von vor 2019 ausgeschrieben und die Bürgerinnen und Bürger unserer Kreisstadt werden das spüren: Damit entstehen nun Lücken im Busfahrplan von zumeist zwei Stunden, vereinzelt auch mehr. Wie das angesichts der zunehmenden Klimaprobleme und der notwendigen Verkehrswende zusammengehen soll, bleibt rätselhaft. Immerhin sah die "Regierungskoalition" schnell ein, dass ihr erster Sparvorschlag im Frühjahr auch einen Kahlschlag bei der öffentlichen Schulbusversorgung bedeutet und die Kommunen belastet hätte und ließ sich hier auf einen Kompromiss ein. So stimmten am Ende CSU und Freie Wähler für das neue Konzept, SPD, Grüne, ÖDP und Bunte Liste mit 18 Stimmen dagegen.
Ringen um den richtigen Weg zur Erhalt der Geburtshilfe
Noch ungleicher verteilt waren die Mehrheitsverhältnisse und die Diskussion um die Resolution von Bunte Liste, der Linken und ÖDP zum Erhalt der Geburtshilfe Lauf. Im TOP direkt vorher hatte man einstimmig den maximalen Zuschuss zum Ausgleich des Defizits der Geburtshilfe Lauf in 2024 zur Verfügung gestellt. Zum Ersatz des Fehlbetrages von 1,176 Mio.€ hofft der Kreistag auf die maximale Förderung durch den Freistaaat von 1 Mio. € und will den Rest drauflegen. Das war für alle unstrittig.
Die Resolution von Bunter Liste, der Linken und ÖDP zum Erhalt der Geburtshilfe Lauf in den nächsten Jahren wurde nun aber zum Problem hochgespielt. Dass die bisherige bayerische Förderung in 2025 ausläuft, ist sicher. Was als Ersatz vom Gesundheitsministerium kommt und welchen Umfang diese haben wird, ist allerdings unbekannt. Und bis die Vorhaltepauschalen vom Bund greifen und einen Teil des Defizits ausgleichen können, wird es vermutlich 2027 werden, wie Ex-MdB K. Lütke (FDP) zu Auskunft gab. Von daher war der Appell von Kreisrätin Angelika Pflaum an die Kolleginnen, sich dafür einzusetzen, dass es in Bayern weiter ein gute Förderung zum Erhalt der letzten Geburtshilfe im Kreis geben solle, wo drei ihrer Enkel geboren sind. Außerdem sollten die Vorgaben nicht mehr so bürokratisch sein: Mindestens 300, aber maximal 800 Geburten im Jahr. Davon müssen aber mindestens die Hälfte der Kinder, die im Landkreis gemeldet werden, in Lauf geboren sein. Schließlich ist die Deckelung der Förderung zu streichen, weil Geburthilfestationen von sich aus defizitär sind und die Kosten weiter steigen werden. Kreisrat Walter Stadelmann (ÖDP) ergänzte seinen Apell an die Kolleginnen von CSU und Freien Wählern, dass es ja gerade darum ginge, die Geburtshilfe in Zukunft zu sichern. Von einem Schlechtreden der Abteilung, die von CSU und Freien Wählern unterstellt wurde, könne keine Rede sein. Wieder einmal mehr zeigte sich, dass die bayerische Regierungskoalition in unserem Kreistag inhaltlich nicht kritikfähig ist, sondern kritische Stimmen pauschal niederbügelt. Obwohl man sich zum gemeinsamen Ziel bekannte, wurde der Antrag deshalb nicht weiter inhaltlich besprochen, sondern mit einer großen Mehrheit gegen 6 Stimmen (wenige SPD und Grüne Kreisräte) per Beschluss auf Nichtbefassung gestoppt.
Bunte Liste, Linke und ÖDP fordern Erhalt der Geburtshilfe in Lauf
Mit einer brandaktuellen Resolution fordern Bunte Liste, Linke und ÖDP den Erhalt der Geburtshilfe in Lauf. Im gesamten Landkreis Nürnberger Land gibt es nur noch eine einzige Entbindungsstation – die am Krankenhaus Lauf. Diese ist für die wohnortnahe Versorgung von Schwangeren, Gebärenden und jungen Familien unverzichtbar. Die immer wieder aufkommenden Gerüchte über eine drohende Schließung erfüllen viele Bürgerinnen und Bürger mit großer Sorge. Das bedeutet für uns: Die Schließung weiterer Geburtsstationen in der Region darf nicht hingenommen werden.
In den letzten Jahren mussten bereits die Geburtenstationen in Schwabach, Bad Windsheim Neuendettelsau und - ganz aktuell Roth - schließen. Diese Entwicklung ist Teil einer bundesweiten Schließungswelle, insbesondere im ländlichen Raum, und sie ist politisch gewollt: Das Fallpauschalensystem (DRG) bevorzugt lukrative Behandlungen und benachteiligt die vergleichsweise individuelle und betreuungsintensive Geburtshilfe. Die Bundesregierung hat damit schon vor Jahren die wirtschaftlichen Grundlagen kleiner Geburtsstationen systematisch untergraben.
Doch Geburt ist kein standardisierbarer medizinischer Vorgang – sie ist ein höchst individuelles, sensibles und oft unvorhersehbares Ereignis, das besondere Aufmerksamkeit und Betreuung braucht. Wenn werdende Eltern weite Wege in Kauf nehmen müssen, entstehen Risiken für Mutter und Kind. Gleichzeitig wird die Attraktivität der Region für junge Familien geschwächt, was den demografischen Wandel weiter verschärft.
Deshalb fordern die Kreisräte der drei Parteien:
1. Der Standort Lauf muss als Geburtsstation erhalten bleiben die letzte Geburtenstation im Landkreis muss Bestandschutz – dauerhaft und mit der nötigen personellen und finanziellen Ausstattung – erhalten. Kinder sollen dort geboren werden, wo Menschen leben – nicht auf der Landstraße. Geburtshilfe ist Daseinsvorsorge. Wer Geburtsstationen schließt, gefährdet Menschenleben.
2. Das Land Bayern muss Entbindungsstationen schützen und finanziell unterstützen – Die aktuelle Richtlinie zur Förderung der Geburtshilfe in Bayern“ (GebHilfR) tritt Ende des Jahres außer Kraft. Bei der Überarbeitung dieser Regelungen für Defizitausgleich muss die Decklung aktuell 1 Mio. €) massiv erhöht werden. Entbindungsstationen im ländlichen Raum müssen grundsätzlich - ohne Einschränkungen der Geburtenanzahl - einen Defizitausgleich erhalten! Hier können meist „nur“ Spontangeburten oder Kaiserschnitte abgerechnet werden, die im Fallpauschalsystem „höher dotierten“ Risikogeburten werden sowieso nur in größeren Kliniken angenommen.
3. Der Landrat wird gebeten, sich auf Landes- und Bundesebene für eine verlässliche Finanzierung der Geburtshilfe einzusetzen, die die realen Anforderungen widerspiegelt – unter anderem durch eine Reform des Fallpauschalensystems und durch bessere Unterstützung der Hebammen.
Hier ist der ganze Antrag zu lesen.
Berichte aus dem Kreistag
Der Kreishaushalt 2024 und seine Nebenerscheinungen
Neue Gestaltungsmehrheit im Kreistag?
Zu Beginn der Amtszeit des Kreistages im Nürnberger Land hatte sich im Mai 2020 eine Art „Regierungskoalition“ aus der CSU und den Freien Wählern gebildet, für die man mit dem Posten des Stellvertretenden Landrats auch die Grünen gewann. Zusammen hatten diese drei Parteien 51 der 70 Sitze und damit eine deutliche Mehrheit.
Während der langen Haushaltsberatungen seit dem Herbst 2023 zeigte sich nun eine neue, interessante Entwicklung, die erstmals im Kreisausschuss vom 5.2.2024 deutlich wurde: Die große CSU-Fraktion scherte zumindest beim wichtigen Thema Haushalt aus dem gemeinsamen Handeln aus und lehnte nicht nur die erste Vorlage, sondern pauschal alle weiteren freiwilligen Leistungen des Landkreises ab, ebenso wie die AfD. Trotz einer weiteren Überarbeitung des Stellenplanes und eines besseren Jahresabschlusses 2023 nahmen sie auch den 2. Entwurf am 15.04.2024 nicht an. Damit wurde der Haushalt 2024 des Landkreises Nürnberger Land nur mit etwa 43 Stimmen der Freien Wähler, Grünen, SPD, FDP, Bunten Liste und ÖDP angenommen. Eien so niedrige Zustimmung ist ein Novum im Kreistag in den letzten Jahren und wirft die Frage nach einer neuen Gestaltungsmehrheit in Zukunft auf. Für Verwirrung sorgte noch die AfD, die in ihrer Haushaltsrede zwar für die Haushaltsvorlage, bei der Abstimmung aber dagegen votierte.
Die ÖDP-Haushaltsrede in Kurzform
Die Länge der Haushaltsreden der einzelnen Parteien werden entsprechend dem Wähleranteil zugeteilt, weshalb die ÖDP sich mit wenigen Minuten begnügen muss. Deshalb konnte Kreisrat Walter Stadelmann nur auf einzelne Punkte exemplarisch eingehen. Grundsätzlich wies er darauf hin, dass auch der Bund und das Land Bayern gefordert sind, den Kommunen auskömmliche Rahmenbedingungen zu verschaffen: Denn wenn schon aufgrund der Pflichtaufgaben ein strukturelles Defizit entsteht, müsse nächstes Jahr die Kreisumlage erhöht werden. Weitere Einschnitte in der Verwaltung wären nicht ohne spürbare Leistungskürzungen möglich.
Erfreulich für eine umweltfreundliche Mobilität ist die Entwicklung des Deutschlandtickets, das er gerne im Landkreis unterstützt. Allerdings gehört zur verstärkten Nutzung auch der Ausbau des Angebotes in der Fläche. Hier haben wir im Nürnberger Land immer noch eine schmerzliche Lücke in der Busverbindung zwischen Altdorf und Hersbruck, für die es zu kämpfen gilt.
Ein unerlässlicher Baustein für die erfolgreiche Energiewende ist die zügige Sanierung des Pumpspeicherkraftwerkes Happurg. Da hoffen alle auf die baldige Genehmigung hier im Landratsamt und einen Beginn der Sanierungsarbeiten in diesem Sommer.
Bei allem Handeln dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, wie immer mehr Warnzeichen am Himmel aufziehen, die uns eine Klimakrise ankündigen. Und diese ist mehr für uns als für diese Erde lebensbedrohlich. Deshalb zählen für ihn nicht nur der sorgsame Umgang mit dem Wasser, sondern auch die bessere Vorsorge gegen Hitze zu den drängenden Aufgaben, die im nächsten Haushalt noch mehr zu berücksichtigen sind.
Die großen Investitionen in unsere Schulen sind notwendig, um unseren Kindern einen guten Start ins Leben zu ermöglichen. Da ist es gut, wenn im Landkreis nicht am falschen Ende gespart wird. Erst gestern sei ihm ein Familienvater begegnet, dessen ältester Sohn erst von einem Jahr nach Deutschland eingereist ist und ihm jetzt schon der Umstieg aufs Gymnasium empfohlen wird. Der Fachkräftemangel zeigt uns ganz deutlich, dass auf allen Ebenen eine Förderung notwendig und auch möglich ist.
Schließlich bedankte er sich bei den Kolleginnen und Kollegen von der Ausschussgemeinschaft für die stets offene und konstruktive Zusammenarbeit, die in diesen Zeiten über die Parteigrenzen hinweg richtungsweisend im Sinne des Gemeinwohles ist. Damit stimme er dem Kreishaushalt 2024 samt der vorliegenden Satzung und der Beibehaltung der Kreisumlage zu.